Leonidas Kavakos

Unser artist in residence der saison 2018/19

Als Artist in Residence spielt der Geiger Leonidas Kavakos in der Saison 2018/19 Violinkonzerte von Beethoven, Schostakowitsch und Berg und ein mit Solisten des Symphonieorchesters. Auf einem besonderen Instrument: Es ist älter als jedes einzelne der Werke.

Leonidas Kavakos (c) Marco Borggreve
BIOGRAFIE

Leonidas Kavakos hat sich als Geiger und Künstler von einzigartiger Qualität auf höchstem technischem Niveau und herausragender Musikalität etabliert. Er arbeitet weltweit mit den herausragenden Orchestern und Dirigenten und ist regelmäßiger Gast in den großen Konzerthäusern und bei den bedeutenden Festivals dieser Welt. Leonidas Kavakos ist ein Exklusiv-Künstler bei Sony Classical.

Die drei wichtigen Mentoren seines Lebens waren Stelios Kafantaris, Josef Gingold und Ferenc Rados. Im Alter von nur 21 Jahren hatte Leonidas Kavakos schon drei große Wettbewerbe gewonnen: den Sibeliuswettbewerb 1985 und den Paganini- und Naumburg-Wettbewerb 1988. Dieser Erfolg führte ihn dazu, die Erstaufnahme der Original-Version von Sibelius’ Violinkonzert (1903/04) einzuspielen, für die er 1991 den Gramophone Concert Award erhielt.

In der Saison 2018/19 ist Leonidas Kavakos Artist in Residence des Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Als Teil dieser Residency führt er mit Mariss Jansons am Pult das Violinkonzert Nr. 1 von Schostakowitsch und unter der Leitung von Daniel Harding Alban Bergs Violinkonzert auf. Zudem wird er in der Doppelrolle als Solist und Dirigent Beethovens Violinkonzert spielen sowie dessen Symphonie Nr. 7 dirigieren. Weitere Gastspiele führen ihn u.a. zum London Symphony Orchestra, den Wiener Philharmonikern, dem Orchestre Philharmonique de Radio France, Israel Philharmonic Orchestra, San Francisco Symphony und auf China-Tour mit Konzerten u.a. bei den Orchestern in Guangzhou, Hangzhou, Peking und Shanghai. Mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin präsentiert er die deutsche Erstaufführung von Lera Auerbachs Violinkonzert Nr. 4 „Nyx: Fractured Dreams“. Weitere Tourneen führen ihn mit Yo-Yo Ma, Emanuel Ax und Klaviertrios von Johannes Brahms nach Paris, Frankfurt, Wien und London und mit Yuja Wang auf Duo-Tournee nach Europa und in die Carnegie Hall. Mit seinem langjährigen Duo-Partner Enrico Pace führt ihn eine weitere Duo-Tournee durch die USA.

In den letzten Jahren baute sich Leonidas Kavakos ein starkes Profil als Dirigent auf. So dirigierte er schon das London Symphony Orchestra, New York Philharmonic, Boston Symphony Orchestra, Houston Symphony, Deutsches Symphonie-Orchester Berlin, Gürzenich-Orchester Köln, Maggio Musicale Fiorentino, Filarmonica Teatro La Fenice, Orchestre de la Suisse Romande und das Danish Radio Symphony Orchestra. Diese Saison dirigiert er das Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia, Budapest Festival Orchestrea, die Wiener Symphoniker, das Chamber Orchestra of Europe und das Dallas Symphony Orchestra.

Im Juni 2018 kehrte Leonidas Kavakos zurück zum Sony Classical Label, für das er zuvor schon Mendelssohns Violinkonzert und Violinkonzerte von Mozart in der Doppelrolle als Solist und Dirigent mit der Camerata Salzburg eingespielt hat. Zuletzt erschien bei Sony Classical im Herbst 2017 die sehr erfolgreiche Einspielung von Brahms-Trios mit Yo-Yo Ma und Emanuel Ax. Leonidas Kavakos‘ nächstes Projekt für Sony wird die Einspielung von Beethovens Violinkonzert als Solist und Dirigent mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks diese Saison sein.

Leonidas Kavakos umfangreiche Diskographie enthält außerdem eine Gesamteinspielung der Beethoven-Sonaten mit Enrico Pace, Brahms Violinkonzert mit dem Gewandhausorchester Leipzig und Riccardo Chailly, Brahms-Sonaten mit der Pianistin Yuja Wang und die CD „Virtuoso“ mit einer Sammlung von Encores. Leonidas Kavakos war „Gramophone Artist of the Year 2014“. Seine Einspielungen erschienen bei den Labels BIS, ECM und Decca.

Leonidas Kavakos ist der Gewinner des Léonie Sonning Musikpreises 2017. Dieser prestigeträchtige Preis ist die höchste musikalische Auszeichnung Dänemarks und wird jährlich an international anerkannte Komponisten, Instrumentalisten, Dirigenten oder Sänger verliehen. Frühere Preisträger waren z.B Leonard Bernstein, Benjamin Britten, Arthur Rubinstein, Yehudi Menuhin, Dmitri Shostakovich, Dietrich Fischer-Dieskau, Mstislav Rostropovich, Pierre Boulez, György Ligeti, Alfred Brendel, Daniel Barenboim und Simon Rattle.

In Athen in eine Musiker-Familie hineingeboren kuratiert Leonidas Kavakos dort jährlich eine Meisterklasse für Violine und Kammermusik, die Musiker aus der ganzen Welt anzieht und sein großes Verantwortungsbewusstsein für die Weitergabe von musikalischem Wissen und musikalischer Tradition ausdrückt. Zu dieser Tradition gehören auch der Geigen- und Bogenbau, die für Leonidas Kavakos beide ein großes Mysterium und unergründliches Geheimnis bedeuten. Kavakos spielt die „Willemotte“ Stradivarius von 1734 und besitzt moderne Violinen aus der Werkstatt von F. Leonhard, S.P. Greiner, E. Haahti und D. Bagué.


Leonidas Kavakos im Interview

Herr Kavakos, wie geht es Ihnen heute?
Gut, vielen Dank. Ich bin ein wenig müde, komme von einer anstrengenden Tournee zurück, dazu kommt dieser Jetlag. Ich muss mich jetzt erst einmal davon erholen.

Haben Sie das Gefühl, Ihre Geige muss sich auch erholen?
Nein, sicher nicht. Die ist viel stärker als wir.

Sie spielen auf einer Geige von Antonio Stradivari. Seit wann spielen Sie sie?
Erst seit etwa einem Jahr. Die Geige stammt aus dem Jahr 1734, Stradivari war, als er sie baute, schon 90 Jahre alt. Aber er war noch fit, und er hat in seinen letzten Lebensjahren mit der Wölbung der Decke und des Bodens experimentiert, so dass der Klang im Instrument mehr Raum bekam, sich zu entfalten. Die späten Stradivaris sind die besten. Die Verbindung von Reife, Wissen und Kunstfertigkeit, die in dieser Geige steckt, ist einzigartig. So etwas bauen zu können: das ist eine Errungenschaft, nicht nur für einen Menschen, sondern für die ganze Menschheit.

Wenn Sie Ihre Geige erst seit einem Jahr spielen: Sind Sie dann schon fertig damit, sie kennenzulernen?
Nein, ganz und gar nicht, das dauert Jahre. Manchmal glaube ich auch, man wird nie fertig, weil sie einem immer wieder etwas Neues gibt, eine neue Nuance anbietet. Man wird ihrer nicht müde. Sie hört nicht auf, inspirierend zu sein.

Sie klingen ja ganz verliebt.
Es ist vergleichbar, ganz sicher. Man findet etwas, oder man trifft jemanden, und dadurch ändert sich das ganze Leben. Genau so war es auch.

Wie und wo haben Sie die Geige gefunden? 
Auch wenn ich sie erst kurz spiele, kenne ich sie doch schon viel länger. Im Jahr 1994 gab es im Metropolitan Museum in New York eine Ausstellung von Guarneri del Gesù-Violinen. Da lag sie in einer Vitrine. Ich fragte, ob ich ein paar Töne spielen dürfte – und ich war überwältigt von ihrem Klang. Sie hatte einen extrem kraftvollen Ton, der aber auch die Noblesse und Eleganz des Stradivari-Klangs mitbrachte. Und was mich besonders beeindruckte, war die Dunkelheit der tiefen Saiten – die ist bei Stradivari selten zu finden. Aber damals war sie nicht verfügbar.

Wie ging es dann weiter? 
Jahrelang habe ich nichts von der Geige gesehen und gehört – bis ich einen befreundeten Händler in London besuchte. Der legte sie auf den Tisch und sagte: Kennst du die nicht? Ich hatte nicht wirklich nach einem Instrument gesucht. Aber in diesem Moment wusste ich, ich hatte eines gefunden.

Betrachten Sie die Geige, alles in allem, eher als Freund, als Kompagnon? Oder doch eher als Werkzeug?
Weder noch. Sie ist meine Stimme. Und gleichzeitig eine großartige künstlerische Errungenschaft. Ich spiele auf einem Kunstwerk. Das ist, was Streichinstrumente von anderen Instrumenten unterscheidet – sie sind einzigartige Schöpfungen, und es klingt sehr pathetisch, aber es ist eine große Ehre und ein Privileg, so etwas Großartiges jeden Tag in der Hand halten zu dürfen, damit zu leben und daran zu wachsen.

Wie wäre Ihr Instrument als Mensch? 
Ich weiß es nicht, so gut kenne ich sie dann doch noch nicht. Was ich sagen kann, ist: Sie hat eine enorm starke Persönlichkeit. Und man kann sehr viel von ihr lernen.

Wie geht das: von einer Geige lernen?
Sie sind älter als wir alle, und zwar wesentlich. Die Geige war schon gebaut, bevor auch nur ein einziges der Konzerte geschrieben war, die ich in München spielen werde. Mozart war noch nicht einmal geboren. Und über diese enorme Zeitspanne sammelt sich eine Menge Wissen im Material an. Sie ist ja durch viele Hände gegangen.

Wissen Sie, wer die Violine vor Ihnen gespielt hat? 
Man kann die Geschichte bis ungefähr 1880 zurückverfolgen. Sie hatte verschiedene Besitzer, ein berühmter Virtuose war noch nicht darunter. Der bekannteste Besitzer ist der belgische Geiger Charles Willemotte aus dem 19. Jahrhundert, ein Musiker, der zu Geld kam und der dann Instrumente sammelte und zum Spaß spielte, anstatt Karriere zu machen. Er hatte neun oder zehn Stradivaris, wirklich ein großer Sammler.

Und heute? Ist eine Geige, die fast 300 Jahre alt ist, jeden Tag in Topform?
Ja. Ein gutes, gesundes Instrument ist auch nicht besonders anfällig für Wetter- oder Klimaeinflüsse. Ein bisschen durchaus, aber nicht dramatisch. Ich habe auch keine besonderen Tricks oder Behandlungsmethoden. Ich höre ihr zu, das ist alles.

In München spielen Sie Beethoven, Schostakowitsch, Berg – alles Werke, die viel jünger sind als das Instrument, auf dem Sie sie spielen. Wie kann es sein, dass die Farben, die Sie dafür brauchen, trotzdem im Instrument stecken?
Man kann versuchen, es zu erklären: Schauen Sie, wie das Klavier zu Beginn des 18. Jahrhunderts aussah, und wie es heute aussieht – der Unterschied ist riesig, es ist ein völlig anderes Instrument. Die Geige dagegen ist unverändert. Sie war damals schon perfekt. Ein Kunstwerk, nicht nur ein Werkzeug. Und ich finde: auch ein Wunder.


KONZERTE MIT Leonidas Kavakos


Leonidas Kavakos bei Konzerten mit dem BRSO

Leonidas Kavakos (c) Peter Meisel
Leonidas Kavakos (c) Peter Meisel
Leonidas Kavakos (c) Peter Meisel
Leonidas Kavakos & Mariss Jansons (c) Peter Meisel
Leonidas Kavakos (c) Peter Meisel
Leonidas Kavakos & Mariss Jansons (c) Peter Meisel
Leonidas Kavakos & Mariss Jansons (c) Peter Meisel
Leonidas Kavakos (c) Peter Meisel